Widerliche Doppelstandards

Aktuell gerade: Große Aufregung, weil ein Flug in Weißrussland zur Landung gezwungen wird, um einen Dissidenten festzusetzen. Das geht doch nicht! Sanktionen! Mobilmachung! Aber mal ganz nebenbei: Erinnert sich wer an 2013: „Boliviens PrĂ€sident Morales zur Landung in Wien gezwungen“? Damals waren die USA hinter einem Dissidenten her und alle EU-Staaten, aus denen jetzt moralisierendes Geschrei zu hören ist, haben dabei mitgemacht, den Flieger vom Himmel zu holen, denn Edward Snowden soll an Bord gewesen sein. War er zwar nicht, aber die Doppelmoral der neuen Kalten Krieger in Politik und Medien, die jetzt so tun, als hĂ€tt’s sowas noch nie gegeben, die kotzt mich wirklich an.

Nachtrag Anfang MĂ€rz 2022: Genauso scheinheilig gehts dieser Tage beim Thema Ukraine zu. Denn die Kopiervorlage fĂŒr das, was Russland gerade in der Ukraine veranstaltet, lieferte die Nato bereits vor mehr als 20 Jahren, 1999 in Serbien, als es um Kosovo ging. Davon ist nirgends die Rede – außer in RT. Aber de.rt.com und alle anderen Angebote des russischen Senders in deutscher Sprache sind seit heute (3.3.) wegzensiert (und nur noch zu empfangen, wenn man sich die MĂŒhe macht, ĂŒber den Tor Browser oder einen alternativen Nameserver zu surfen, so z.B. aus dieser Liste den DNS von Freifunk MĂŒnchen – mit Anleitung).
Nachtrag ein paar Tage spĂ€ter: Mittlerweile fĂŒhle ich mich ja bemĂŒĂŸigt darauf hinzuweisen: Weder das Lesen und Verteilen russischer Informationsquellen, noch deren journalistische Arbeit selbst sind bisher verboten in Deutschland oder der EU.

Die Zensur trifft nur Otto-Normal-Browser (rechts). Links im Tor Browser kommt die Sicht der anderen Seite noch rein.

Ich könnte mit der Kriegshetze hierzulande und heute gegen Russland ganz anders umgehen, wenn der Völkerrechtsbruch von 1999, die 78 Tage Angriffskrieg gegen Serbien, die 28.018 Fliegerbomben auf serbische StĂ€dte, Dörfer, Straßen usw., zu irgendwelchen Strafen fĂŒr die damaligen Angriffskriegsverbrecher in den Regierungen der NATO-Mitgliedsstaaten gefĂŒhrt hĂ€tten. Aber im Gegenteil. Sie wurden befördert.

Nachtrag 4.3.22: Wer nicht immer mit historischen Hinweisen strapaziert werden will, fĂŒr den gibts auch ein ganz aktuelles Thema westlich-NATO-treuer Doppelmoral: Die TĂŒrkei, enger NATO-Partner Deutschlands, setzt seit Monaten bis auf den heutigen Tag ihren Angriffskrieg gegen kurdische Gebiete in Nordsyrien und Nordirak fort und hĂ€lt an der Besatzung grĂ¶ĂŸerer Regionen Syriens fest, mehr lesen bei german-foreign-policy.com

2 Gedanken zu „Widerliche Doppelstandards“

  1. Vielleicht liest Du mal die ganze Rede Joschka Fischers hier:https://web.archive.org/web/20170924001517/http://staff-www.uni-marburg.de/~naeser/kos-fisc.htm
    und bemĂŒhst noch ein GEschichtsbuch. Dann wird recht schnell klar, dass S. Milosevic und sein Traum vom grosserbischen Staat damals das Problem war. Erinnert eher an Putin und seine Idee, dass die Ukraine irgendwie schon immer Eigentum des Zarenreichs und Bestandteil der Sowjetunion war und deshalb von ihm „heim in’s Reich“ geholt werden darf.
    Man kann sich mit der Gegenseite beschÀftigen, man darf ihr aber nicht auf den Leim gehen.

  2. die prominente nazi-formulierung, die hier so locker flockig um 180 grad verkehrt verwendet ist, zeigt, wer hier auf wessen leim festsitzt. und was sollen mir die anfĂŒhrungszeichen sagen? zeichen letzter scham ob der formulierungstechnischen ns-verharmlosung? ironie? hahaha. humor ist, wenn man trotzdem lacht.

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